Wann hast du dich das letzte Mal ins Gras gelegt? Wann hast du dich das letzte mal so richtig mit der Natur verbunden? Dich so richtig in sie hinein gefühlt? Mit dem ganzen Körper und allen Sinnen? Sie das letzte mal nicht nur gesehen, egal ob mit deinem Auge oder deinem Verstand, sondern sie richtig berührt? Sie gespürt? Hast dich für Minuten ganz unbeobachtet und ganz feste um einen Baumstamm oder einen Felsen geschlungen und dein Gesicht die Oberfläche berühren lassen? Hast dich in einen Haufen Blätter oder Schnee geworfen und bist für einen Moment ganz leise und genussvoll darin liegen geblieben, während dein ganzer Körper in der Masse verschwindet? Hast deine Hände im vorbeigehen durch Farne, Gräser oder über weiche Blüten ziehen lassen? Hast die Augen geschlossen und mit deinen Händen oder deiner Haut einfach nur gefühlt? Die Oberfläche, wie warm oder kalt, wie weich oder rau, glitschig oder behaart sie ist? Hast einfach nur hingehört? Vögel die singen, vorbeifliegende Bienen, Fliegen, Hummeln? Der Wind der sanft durch Baumkronen oder Wiesen weht, du selbst ganz leise, still beobachtend, neutral und doch neugierig.
Vielleicht liest du die Zeilen gerade im Winter oder du befindest dich in einer Umgebung, die so gar nicht natürlich ist, dann muss ich zugeben, ist es schon gemein. Sogar während ich diese Zeilen schreibe, verspüre ich selbst den starken Drang und die tiefe Sehnsucht das alles genau jetzt tun zu wollen.
Ich habe einen solchen Moment gestern erleben dürfen. Gar nicht wirklich geplant, eher ganz spontan. Zum zweiten Mal sind mein Freund und ich über den Winter in den sonnigen Süden Portugals geflohen. In Beira westlich der kleinen, wunderschönen Burgstadt Marvão im Alto Alentejo wohnen wir in einer Airbnb Unterkunft direkt im Parque Natural da Serra de São Mamede. Mit direkt meine ich, dass wir aus unserer Gartentüre über einen kleinen gekiesten Innenhof, mit Weinreben zur linken und einem Hühnerstall und Brennholz Lager zur rechten, zu einem feinen Stahltor kommen, durch das wir direkten Zugang zu einer mehreren Hektar großen Fläche haben, die so charakteristisch für die ganze Gegend ist, wie sie charakteristischer nicht sein kann. Ich bin mir absolut sicher, dass, wie viel Mühe ich mir auch gebe, keine meiner Zeilen der Schönheit dieser Landschaft wirklich gerecht wird. Ich liege auf einer Wiese voll mit weißen, rosanen und gelben Punkten, umgeben von sanfte Hügeln, die mit tausenden kleine, große, runde, kantigen und gebrochenen Steinen und Felsen übersät sind. Sie spielen mit der Topografie, die sie umgibt. Hier und da stehen Gruppen von Korkeichen. Moose übersäen die Felsen und Rinden. Alles gleicht einer scheinbar perfekt und natürlich anmutenden Komposition. Trotz der wärmenden Sonnenstrahlen, kühlen die grünen Grashalme die nackte Haut. Ich streiche mit meinen Fingern über mein weiches Bett aus grün und alle Sinne sind in genau dem Moment präsent. Wann hast du dich das letzte Mal ins Gras gelegt?
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